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Lasst euch nicht unterkriegen Leute und geniesst den wunderschönen Tag.
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31. Die Zeit steht irgendwie still. Die Wochentage haben ihre Bedeutung verloren. Die Helligkeit symbolisiert den Tagesanfang, die Dunkelheit das Tagesende. Die Zeiger der Uhr drehen ihre Runden und die Stunden plätschern vor sich hin. Es still geworden, auch in mir. Ich schlafe viel, habe aber auch viel Zeit, um mir über mein Leben Gedanken zu machen. Über die Vergangenheit, das Hier und Jetzt, die Zukunft.
Die letzten drei Jahre waren geprägt von der Sorge um meinen Sohn. Als Projektleiter war er in verschiedenen Ländern unterwegs. So trug er die Projektverantwortung unter anderem in Tschechien, China, Mexiko. Kurz nach der Rückkehr einer dieser Arbeitsreisen bekam mein Sohn den ersten Epileptischen Anfall, einen Grad-Mal. Natürlich für uns alle ein Schock mit viel Unsicherheit und Ängsten. Mein Sohn musste seine Arbeitsstelle aufgeben und die beruflichen Aussichten stellten sich alles andere als günstig dar. Was diese Situation mit einem Menschen macht, können wahrscheinlich nur diejenigen nachvollziehen, welche ähnliches durchgemacht haben oder der jeweiligen Person sehr nahestehen. Für mich als Mutter war es sehr schmerzlich, meinem Sohn ausser seelischem Beistand nicht helfen zu können. Nun wurde der Tiefstand allerdings erreicht und es geht mit grossen Schritten wieder aufwärts. Er wird wahrscheinlich sein Leben lang Epileptiker bleiben. Doch mit gut eingestellten Medikamenten, einer Lebensumstellung und der beruflichen Neuorientierung, kommen höchstens noch Absencen (Petit-Mal) vor und die sind händelbar. Zusammen mit meinem Sohn blicke ich nun in eine gute Zukunft.
In den letzten Jahren widmete ich auch viel meiner Zeit dem Thema Selbstbestimmtes Leben und dem Thema ALS.
Wie schön öfters geschrieben, kann ich es nicht ab, mein Leben von Menschen bestimmen zu lassen, die nie in meinen Schuhen standen. Noch immer besetzen zu viele Personen entscheidungsrelevante Stellen, oder politisieren über die Köpfe von Betroffenen hinweg, ohne selbst vom jeweiligen Thema betroffen zu sein. Woher nehmen sich diese Personen das Recht über mich, über uns zu bestimmen. Wir, die Betroffenen geben ihnen diesen Blanco-Check selbst in die Hand. Wir fehlen bei Abstimmungen oder nicken der einfachheitshalber allem zu. Mit dem Gedanken, wenn etwas geändert werden müsste, so werden sicher Andere aufstehen und Gegensteuer geben. Ich engagiere mich jetzt schon viele Jahre in den Themen Selbstbestimmtes Leben und dem Thema ALS. Manchmal habe ich die Nase gestrichen voll von der Untätigkeit von andern Betroffenen. Oft hätte ich mir mehr Unterstützung, mehr Engagement von Betroffenen und ihren Angehörigen gewünscht. Mir ist sehr wohl bewusst, dass viele auf Grund ihres Gesundheitszustandes, ein persönliche Engagement nur beschränkt oder auch gar nicht leisten können. Was ich auch völlig verstehe. Aber euch andern will ich ans Herz legen; unterstützt die, die sich tagtäglich um euch sorgen. Die, die sich für euch trotz eisigem Wind in die Brandung stellen. Die, die sich für eure Rechte einsetzen und euch immer so gut es geht zur Seite stehen. Liebe Mitkämpfer, vielen Dank für euer Engagement und eure Unterstützung, welche uns ALLEN zugutekommt.
1. Um beim Thema zu bleiben schreibe ich nun weiter und vielleicht komme ich heute noch auf den Punkt.
Ich gehe mal davon aus, dass jede Organisation, jede Institution im Sinne seiner Mitglieder handelt. So auch Patientenorganisationen und Organisationen, welche sich der Belange von Menschen mit Beeinträchtigungen annehmen. Wenn auch schleppend, so wird doch die Teilhabe der jeweiligen Mitglieder an Entscheidungsfindungen in Organisationen gefördert. Das ist nicht immer einfach und stellt je nach körperlicher, geistiger oder psychischer Beeinträchtigung der jeweiligen Mitglieder eine Herausforderung dar. Ein fernes Ziel ist es, dass wir es schaffen, dass Betroffene und Patienten ihre Organisationen selbst organisieren und führen werden. Bis es aber mal soweit ist, sind wir auf Menschen angewiesen, die uns zuhören, unsere Ansichten und Anregungen ernst nehmen und zusammen mit uns Betroffenen und Patienten die Organisationen gemeinsam führen. Mittlerweile passiert in dieser Hinsicht einiges, was mich zuversichtlich stimmt. Es entlastet mich auch, was meinen Rückzug betrifft.
Wie oben beschrieben, habe ich mich in den letzten Jahren sowohl für Menschen mit Beeinträchtigung und Menschen, welche wie ich von der Krankheit ALS betroffen sind, engagiert. Ich bin etwas müde geworden und durch das Fortschreiten meiner Krankheit und den daraus resultierenden Verlust meiner Lautsprache, muss ich mein Engagement etwas reduzieren. Ich werde mich auf eine Sache konzentrieren und hierfür meine verbleibende Kraft einsetzen.
3. Auch wenn ich meinen Fokus nun vermehrt auf eine Sache lege, werde ich mich weiterhin im Hintergrund um Belange von Menschen mit Beeinträchtigungen engagieren. Da Menschen, welche von der Krankheit ALS betroffen sind, im Verlauf der unheilbar fortschreitenden Krankheit, ebenso mit massiven Beeinträchtigungen konfrontiert werden, geht dies fast Hand in Hand. ALS Betroffene und ihre Angehörigen haben noch immer eine zu geringe Lobby, um die Öffentlichkeit auf ihre Bedürfnisse aufmerksam zu machen. Damit Hilfsangebote ausgebaut werden können, braucht es finanzielle Unterstützung. Da ich selbst von dieser lebensverkürzenden Krankheit betroffen bin, will ich meinen Beitrag leisten und mich intensiver für die Belange von ALS Betroffenen und unseren Angehörigen einsetzen.
4. Heute mal wieder einen Blütengruss aus meinem Garten.
27. Nicht, dass ich nicht gerne Gespräche mit einer Generation über mir führe. Ich finde, ich kann noch viel von ihnen lernen. Ihre Lebenswege, ihre unterschiedlichen Geschichten sind spannend und oft darf ich etwas in mein Leben mitnehmen. Genau so gerne unterhalte ich mich aber mit meiner Generation und auch mit Generationen jünger als ich. Ich mag es bunt gemischt und als Naturliebhaberin habe ich Mühe mit Monokulturen.
Apropos Natur. Ich kann mich mit ihr zwar nicht unterhalten, nicht desto weniger faszinierender sind ihre Geschichten. Nur schon die Auswirkungen der Jahreszeiten auf die Natur zu beobachten, ist für mich sehr interessant. Mitzuerleben, wie Pflanzen im Frühling wiedererwachen und uns damit mitteilen, he ich bin wieder da, ich konnte dem Winter trotzen. Spannend auch, das spriessen und Wachsen der gesäten und gesetzten Pflanzen in den Gartenbeeten mitzuverfolgen. Wenn ich zurzeit in den Garten fahre, führt mich mein Weg zu den Gemüse-Beeten. Täglich sehe ich wie Sämlinge die Erde durchstossen und ihr meist grünes Kraut zeigen. Zwiebeln, Stangenbohnen, Karotten in unterschiedlichen Farben und Schnittsalat spriessen. Die Kartoffeln brauchen noch etwas Zeit. Die Setzlinge stehen den Sämlingen in nichts nach. So wachsen Randen, Fenchel, Kohlraben und Kopfsalat um die Wette. Weiter kündet der Rhabarber und die blühenden Erdbeeren süsse Desserts oder feine Konfitüren an. Für das Eindämmen der "Schädlinge" sorgen unteranderem Marienkäfer und auch unsere zahlreichen Eidechsen sind dabei sehr aktiv. So sah ich letzthin, wie eine Echse eine Maikäferlarve aus der Erde des Hochbeets buddelt, danach stolz eine Runde auf dem Rand des Hochbeets absolviert und dann mit der Beute zwischen den Erdbeeren verschwindet. Die Natur hat so viele Fassetten, ich bekomme nie genug von ihr.
29. Das nasskühle Wetter und viel Schreibarbeit liesen heute nur einen kurzen Aufenthalt im Garten zu. Das grün der ersten Kartoffel im Gartenbeet zu entdecken, hat mich für die kurze Zeit im Garten vollends entschädigt.
Ich bin auch froh, über die wieder aufgenommenen Ergotherapiestunden vom Montag. Es bringt mir nämlich nichts, die Virus-Zeit unbeschadet zu überstehen und dafür meine noch vorhandene Beweglichkeit einbüssen zu müssen.